4. Schlaumeiereien, Ressourcenverschwendung und das CITES-II Artenschutzabkommen

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Ein klassisches Zitat aus einer privaten Internet-Auktion: „… repräsentieren den neuesten Stand der Technik und bieten Features, die in dieser Preisklasse wohl einmalig sind…die Instrumente der …Serie sind nach höchstem Standard gefertigt… MADE IN KOREA nicht wie die billigen Modelle in China….“

Die Diskussion begann, als die ersten japanischen Gitarren Anfang der 70er Jahre den europäischen Markt eroberten und die amerikanischen Vorbilder kopierten, aber deutlich weniger kosteten. Ende der 70er hatte bei uns in der Oberstufe kaum jemand eine Gitarre, die nicht von dem seinerzeit bekanntesten, japanischen Hersteller stammte, da die amerikanischen Originale entweder unerschwinglich waren oder sie keiner kannte – mit Ausnahme des Fabrikats, dass Neil Young spielte, versteht sich! Ich erinnere mich noch sehr gut, wie mir ein Bekannter stolz wie Oskar seine neue E-Gitarre zeigte, ein Exemplar aus der berühmten Pro II-Serie vom Hersteller ARIA®, und auch bei den Westerngitarren gab’s entsprechend beliebte Modelle.

Die Reihenfolge geht so: japanische Gitarren sind Schrott, weil die guten nur aus den USA kommen koreanische G. sind Schrott, die Japaner bauen viel bessere damals, „Made In Korea“ war echt noch Qualität, jetzt gibt’s nur noch Billigmist aus China! In 10 Jahren wird jemand so `was sagen wie: „Lass die Finger von dem nordkoreanischen oder vietnamesischen Ramsch, such ’ne Gitarre, die noch aus China kommt…“  oder so ähnlich. Wetten?!

Das mittlerweile fast alle namhaften Hersteller kostengünstige Instrumente in China bauen lassen, ist ebenso wenig ein Geheimnis, wie die Tatsache, dass generell die niedrigen Lohnkosten im Reich der Mitte zu Lasten der Umwelt und der Gesundheit der Arbeiter und Menschen gehen und von uns Konsumenten billigend in Kauf genommen werden, von Ausnahmen abgesehen. Ein großer koreanischer Hersteller, der neben seiner eigenen Marke für andere bekannte Namen fertigt, hat vor nicht all zu langer Zeit seine Belegschaft auf die Straße getrieben, weil sie gegen die miserablen Arbeitsbedingungen protestierte – und Asiaten sind einiges gewöhnt!

Nur so nebenbei – in Vietnam gibt es Gitarrenbauer, die nahezu das komplette Instrument in echter, reiner Handarbeit – manchmal sogar mit für uns vorsintflutlichen und minimalen technischen Hilfsmitteln – bauen. Die Präzision und Genauigkeit ist beeindruckend. Bis zu uns vorgedrungen sind sie mit ihren Produkten nur hin und wieder (z. B. das kleine Familienunternehmen Leho™, dass mit Unterstützung von Jean Larrivèe nicht mehr nur Ukulelen, sondern qualitativ hochwertige Westerngitarren baut), da sie überwiegend für den asiatischen oder heimischen Markt bauen. Vielleicht findet sich mal ein neugieriger Importeur und schaut sich dort um.

Das Argument, das neben der Ausbeutung von Menschen m. M. n. vor allem gegen Billigproduktionen spricht, ist das der Materialverschwendung. Schnell zusammengeschusterte Geräte, leidlich gut angepinselt, ohne jegliche Begeisterung für das Produkt, ausschließlich für den schnellen Umsatz produziert – von ebenso gedankenlosen Kunden schnell gekauft und am Ende auf einer Auktionsplattform entsorgt – verplempern nur wertvolle Ressourcen. Dieses Prinzip erinnert mich an manche Bäckereien. Das Zeug in der Theke muss nicht schmecken, es muss nur verkauft werden.

Das Problem des Ressourcenverbrauchs betrifft teure und günstige Gitarren gleichermaßen. Man stelle sich nur mal vor, das Konjunkturpaket II aus dem Jahre 2009 wäre nicht nur für PKWs, sondern auch für Instrumente aufgelegt worden! In der Hoffnung auf eine Verbesserung („…wenn’s vom Staat schonmal `was umsonst gibt…“) wären, wie seinerzeit funktionierende Fahrzeuge, dermaßen viele intakte und spielfähige Gitarren entsorgt worden, dass man mit der anfallenden Holzmenge vermutlich ein Deutschland-weit sichtbares Osterfeuer hätte abbrennen können.

Aber auch so – jeder kann sich jederzeit irgendwo eine billige Gitarre für 49,- Euro zulegen, 8 verschiedene Farben wählbar, und dazu gibt’s eine Tasche, einen Gurt, ein Stimmgerät und Saiten! Man muss nicht sonderlich intelligent sein, um sich auszumalen, welche Qualitäts- oder Umweltstandards hier noch eingehalten werden. Aber das nennt man `Angebot und Nachfrage´ und ist nicht nur bei den Discounter-Billig-Klamotten so. Für Holzinstrumente benötigt man Holz, und das wird irgendwo geschlagen und zwar in rauhen Mengen. Irgendwann in naher Zukunft werden wir aufrechten Musik- und Instrumenten-Liebhaber-Gutmenschen uns mit diesem Thema auseinandersetzen müssen!

Hersteller wie Breedlove™ oder Taylor™ spielen bereits eine Vorreiterrolle bei dem Einsatz und Verbrauch der natürlichen Ressourcen und leisten in ihrer Branche Pionierarbeit bez. der Wiederaufforstung und Neupflanzung der klassischen Hölzer im Gitarrenbau. Taylor hat u. a. auf Hawai’i eine neue Koa-Plantage angelegt, betreibt in Kamerun eine Holzmühle mit Orts-ansässigen Arbeitern und pflanzte neue Ebenholzsetzlinge an. Breedlove pflanzt im Rahmen ihres „Adopt-A-Forest“-Programms für jede verkaufte USA-Gitarre einen neuen Baum, damit exotische Hölzer auch weiterhin genutzt werden können, neben den hauseigenen Initiativen zur Einsparung von Energie oder dem Recycling. Da geht schon was … aber natürlich nicht im Billigsektor, da geht nämlich so ziemlich gar nichts außer dem blinden und ignoranten Vernichten wichtiger Ressourcen.


Ich konnte noch nicht herausfinden, wieviele Gitarren pro Tag oder Jahr und weltweit hergestellt werden. Das hier habe ich mal gefunden …

„Wie war das mit dem Wald, den man vor lauter Bäumen nicht mehr sieht? Eine amerikanische Professorin schätzte die Zahl der weltweiten Bäume auf rund 400 Milliarden. Nalini Nadkarni vom Evergreen State College in Olympia, Washington, benutzte hochauflösende Satellitenbilder der NASA sowie Daten über die Baumdichte der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO. Auf die 6,5 Milliarden Erdbewohner (Stand 2005) kämen demnach je 61 Bäume – angesichts des weltweiten Holzverbrauchs nicht viel, fand sie…“


Das bringt mich zum nächsten Punkt …

Seit 01.01.2017 schreibt das neue Artenschutzabkommen CITES-II für spezielle Holzarten, wie Palisander und Bubinga, einen Herkunftsnachweis vor. Das betrifft auch den privaten Handel mit Gitarren, da jeder private Käufer und Verkäufer ab sofort nachweisen sollte, wo das Gerät herstammt. Andernfalls lief sie/er Gefahr, dass das Instrument beschlagnahmt würde und eine Strafe drohte – wie wir es aus dem verbotenen Handel mit exotischen Tieren und Tierprodukten eben auch kennen (z.B. Kämme aus Schildpatt, gemahlene Tigerhoden, Elfenbein). Inzwischen sind die Wogen etwas geglättet und nach der einen oder anderen Nachbesserung besteht für Privatpersonen und ihre gebrauchten Instrumente keine Gefahr. Alle neuen Gitarren erhalten ab dem entsprechenden Stichtag einen Herkunftsnachweis, um den sich aber die Hersteller kümmern müssen. Und wie sich ebenfalls gezeigt hat, wurden Musiker nicht scharenweise mit ihren Gitarren von der Bühne oder aus den Parks hinweg verhaftet und ihre Instrumente zwangsvernichtet. Die Hysterie hat sich inzwischen wieder gelegt, aber das brauchte auch seine Zeit.

Anfang 2017 gab es bei vielen unteren Naturschutzbehörden noch keine klaren Vorstellungen, wie mit dem neuen Gesetz zu verfahren sei, da die Richtlinien der zuständigen Ministerien fehlten. Auf meine Anfrage und die Meldung aller Instrumente an die zuständige Stelle im Kreis Recklinghausen erhielt ich am 08.02.2017 per email die untenstehende Antwort. Darunter ein Schreiben des RP Kassel, das ein Anbieter bei Ebay mitveröffentlicht hat. Ich habe gar nicht daran gedacht, um Erlaubnis für eine Veröffentlichung an dieser Stelle nachzufragen, da ich das Foto nur für meine persönlichen Zwecke gespeichert hatte. Nun ist ein Kontakt nicht mehr möglich. Da keine personenbezogenen Daten zu sehen sind, hatte ich aber keine Bedenken, es zu übernehmen, auch wenn weder Schreiben noch Foto von mir stammen. Es ergänzt die Informationen, die ich vom Kreis Recklinghausen erhalten habe.


Sehr geehrter Herr Niegel,

Sie haben mich über den Besitz von Musikinstrumenten in Kenntnis gesetzt (eine ggf. noch fehlende Auflistung bitte ich zeitnah nachzuliefern), die (möglicherweise) aus oder unter Verwendung von Holz von besonders geschütztem Palisander (Dalbergia) hergestellt sind und zur Ausstellung einer artenschutzrechtlichen „Vorerwerbsbescheinigung“ angefragt.

Hierzu gilt Folgendes:

Rio-Palisander (Dalbergia nigra) und einige andere Palisander-Arten unterliegen schon seit 1992 bzw. 2013 artenschutzrechtlichen Bestimmungen. So darf z. B. Rio-Palisander nur mit behördlich ausgestellten (landläufig: „CITES“-) Bescheinigungen vermarktet werden.

Seit dem 2.01.2017 gelten die Artenschutzbestimmungen für die Einfuhr und seit dem 4.02.2017 für die Vermarktung auch aller, ca. 300(!) anderen Arten von Palisander in der Europäischen Gemeinschaft.

Davon betroffen sind aus oder unter der Verwendung von Palisander hergestellte Erzeugnisse, z. B. Möbel, Haushaltsgegenstände oder eben auch Musikinstrumente. Diese dürfen nur vermarktet werden, wenn das Palisanderholz oder eben die Gegenstände rechtmäßig in die europäische Gemeinschaft eingeführt wurden oder bereits vor dem 4.02.2017 dort vorhanden wurden (sog. „Vorerwerb“).

Hierüber muss auf behördliches Verlangen Nachweis geführt werden können.

Wenn es sich nicht um die dokumentenpflichtige Art des Rio-Palisander (Dalbergia nigra) handelt, kann der Nachweis in jeder geeigneten Weise (mit z. B. Kaufbelegen, Herstellerregistrierungen, Zeugenbestätigungen, zeitlich zuordnungsfähigen Fotos…) erbracht werden. Der Nachweis sollte in Verkaufsbelegen dokumentiert und dem Käufer übergeben werden.

Solange Gegenstände nur als Hausrat- oder zum persönlichen Gebrauch (auch bei Auftritten mit Musikinstrumenten) verwendet werden, entfällt die Nachweispflicht.

Eine behördliche „Bescheinigung des Vorerwerbs“ ist deshalb auch nicht vorgesehen.

Wenn die Art Dalbergia nigra (Rio-Palisander) und die bereits vor dem 2.01.2017 gelisteten Dalbergia – Arten ausgeschlossen werden können, mag Ihnen dieses Schreiben für den Fall der Vermarktung gleichwohl als Vorerwerbsbestätigung für Ihren zeitnah zu den o.a. Stichtagen mitgeteilten Bestand dienen.

Im Falle einer anstehenden Vermarktung muss also das für die Instrumente verwendete Holz ggf. noch näher bestimmt werden, um ein mögliches Fehlverhalten sicher auszuschließen.

Wenn Sie selbst Gegenstände aus oder mit geschütztem Holz einführen wollen oder damit gewerbsmäßig handeln, beachten Sie bitte die weitergehenden Hinweise des Bundesamtes für Naturschutz unter http://www.bfn.de . Beachten Sie hier im Besonderen auch die Ausführungen zur Buchführungspflicht und lassen Sie mir bitte zeitnah eine Kopie des Aufnahme- und Auslieferungsbuches zukommen.

Die späte Antwort auf Ihre Mitteilung bitte ich zu entschuldigen. Gerne stehe ich zu Beantwortung etwa weiterer Fragen zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

Rolf Rachuba

Kreis Recklinghausen, Untere Naturschutzbehörde, Fachdienst 70 – Umwelt, Ressort 70.4 – Landschaftsrecht, Kurt-Schumacher-Allee 1, 45657 Recklinghausen, Tel.: 02361-536012, Fax: 02361-53686012, e-Mail: rolf.rachuba@kreis-re.de, Internet: http://www.Vestischer-Kreis.de

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Stimmt so …