Pflegetipps

 

Holz- und Luftfeuchte

Ein Hinweis direkt zu Beginn – die Gitarre ist ein Holzinstrument und Holz ist ein Werkstoff, der sich unter Umwelteinflüssen verändert. Das Holz der Gitarre reagiert auf die Luftfeuchtigkeit. Im Normalfall ist das nicht so problematisch. Jedoch steigt die Luftfeuchtigkeit im Sommer deutlich an, im Winter nimmt sie dramatisch ab. Zuviel – in unseren Regionen vor allem während eines schwülen Sommers – kann(!) der Gitarre schaden. Aber schlimmer ist die sehr trockene Luft im Winter. Das Holz trocknet aus, zieht sich zusammen und es können sich sog. Trockenrisse bilden, die dann repariert werden müssen.

Ein Hinweis ist die fehlende gleichmäßige Wölbung der Decke. Ist die Decke augenscheinlich sehr flach oder hat Ähnlichkeit mit einer sanft geschwungenen Weidelandschaft, fehlt dem Holz die Feuchtigkeit. Mögliche Folge: Saitenschnarren, eine deutlich niedrigere Saitenlage, in manchen, eher seltenen, Fällen überstehende Bundenden.

Innerhalb einer, in sich stabilen, Konstruktion bleibt dem Holz nur die Möglichkeit, sich da zusammenzuziehen, wo der schwächste Punkt der Konstruktion ist – im Material selbst! Leicht Verwerfungen direkt unterhalb des Steges bzw. um ihn herum wiederum sind nicht ungewöhnlich, da hier der Saitenzug an der Decke zerrt.

Nicht nur die Decke, auch das Bracing leidet unter der Trockenheit. Die komplette Konstruktion muss Feuchtigkeit aufnehmen. Laminierte Gitarren haben hier erheblich weniger Probleme, die Schichtverleimung des Holzes verleiht ihnen eine größere Stabilität. Dafür sind sie anfälliger für zu große Feuchtigkeit, weil das Holz wenig Platz zum Quellen hat.

Der beste Aufbewahrungsort für eine Gitarre wäre ein einfacher Koffer, der nicht viel teurer sein muss, als eine vernünftige Tasche mit 3cm dicker Polsterung. Stabile Koffer um die 45-50 € gibt es bei mehreren großen Händlern im Onlineversand. In jedem Fall ist eine sicher aufbewahrte Gitarre vor den Schwankungen der Luftfeuchtigkeit deutlich besser geschützt. Zudem bietet sich ein Humidifier (Befeuchter) an.

 

An anderer Stelle (4. Wenn die Fassade Risse bekommt) bin ich bereits auf das Thema Humidifier und verschiedene Modelle eingegangen. Hier sieht man eine relativ günstige Variante von Planet Waves©. Der Vorteil dieses Befeuchters ist die abnehmbare Blende, um den Schwamm zu entnehmen. Für das Befüllen mit Wasser (der Hersteller empfiehlt destilliertes Wasser) ist das aber gar nicht nötig. Es reicht völlig, den Behälter in Wasser zu legen, bis sich der Schwamm vollgesogen hat. Danach lässt man überschüssiges Wasser ablaufen und trocknet den Behälter ab. Die eingesetzten Schwämme haben ein größeres Fassungsvermögen, als Haushaltsschwämme und werden seit langem schon für Lötstationen verwendet. Sollte der Schwamm sich irgendwann nur noch in Krümelform wiederfinden oder schlimmstenfalls zersetzen, gibt’s also keine Probleme mit Ersatz. In den fest verschlossenen Billigklonen aus Fernost befindet sich eine Art Moosgummischwamm, der auch erstmal seine Funktion erfüllt, man sieht nur nicht, was Innen vor sich geht.

In den Korpus soll kein Wasser laufen oder tropfen – nasse Schwämme innen auf das Holz legen, ist also ebenfalls tabu(!). Möchten Frau oder Mann die Luftfeuchtigkeit kontrollieren, weil sie sich um die teure Edelgitarre Sorgen machen, greifen sie am besten auf eine Humidyclock zurück. Sie meldet sich dann hörbar, wenn einer der eingespeicherten Temperatur- oder Feuchtigkeitswerte überschritten wird.

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Allerdings kann man sich nicht 100%ig auf jedes Fabrikat verlassen, wie die unterschiedlichen Werte auf den drei Geräten zeigen. Selbst die Temperaturanzeigen stimmen nicht überein. Am besten ist man vermutlich mit den Herstellern bedient, die sich auf Gitarren spezialisiert haben

Ungleiche Brüder

Saitenpins und Saitenende

Saitenpins aus Ebenholz oder Palisander sind viel empfindlicher als die aus Plastik – also niemals mit einer Zange oder scharfkantigen Werkzeugen herausziehen oder heraushebeln! Am einfachsten drückt man sie beim Saitenwechsel von unten nach oben heraus. Es gibt auch sog. Bridgepin-Heber, mit denen man die Pins leicht herausbekommt. Der unten abgebildete ist von mir an den Innenkanten zusätzlich `entschärft´ worden und ich stütze ihn auf der Stegeinlage ab, um die Holzoberfläche zu schonen – da die Pins relativ locker d’rinsitzen, kein Problem.

 

Die Steglöcher habe ich grundsätzlich mit einer konischen Reibahle geweitet, da die Ebenholzpins dicker sind als die aus Plastik. Damit sie nicht wie Kraut und Rüben herausstehen, sind die einzelnen Saitenpins an das jeweilige Stegloch angepasst und mit winzigen Kerben markiert.

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Steglöcher erweitern

Die Saitenpins sollten auch nicht mit Gewalt zusammen mit einer Saite in das Loch gepresst werden. Ich habe daher die Stringramps (Saitenführung) durch Steg und Decke hindurch geführt. Zudem ist in Richtung der Saitenführung eine Nut eingearbeitet, dass auch ein stärkerer Saitensatz ohne Quetschen passen sollte. Im Falle eines Falles lässt sich diese mit einer entsprechend schmalen Feile vorsichtig vergrößern, ohne dem Steg zu schaden.

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An den beiden rechten Löchern kann man unterhalb der Stringramps die Nut erkennen

Die Pins sollen eigentlich nur dafür sorgen, dass die sog. Ball-Ends (die Ösen am Ende der Saiten) nicht aus dem Steg rutschen. Da aber die Hersteller ihre Saitenenden unterschiedlich dick wickeln, kann es es auch mal eng werden. Dann gilt: mit Vor– und Umsicht zu Werke gehen! So etwas wie auf dem Foto unten sollte bei den bearbeiteten Stegen ohnehin nicht passieren … sollte es eigentlich auch sonst nicht.

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Eine wahrhaft verklemmte Beziehung, in einem recht ungehobelten Umfeld !

Im Regelfall ziehe ich Saiten auf in den Stärken .011/ .015/ .023/ .032/ .042/ .052. Wenn Sie Fabrikate mit anderen Stärken aufziehen, beachten Sie, dass dickere Saiten einen höheren Zug auf den Hals ausüben. Dadurch wird der Hals stärker nach vorne gezogen und die Saitenlage kann sich geringfügig oder auch spürbar erhöhen.

Dünnere Saiten üben entsprechend weniger Zug aus, eine niedrigere Saitenlage kann zur Folge haben, dass v.a. die tiefe E-, A- und G-Saite beim Anschlag in Kontakt mit den Bünden kommen und schnarren, engl. buzz/fretbuzz. Ich empfehle, für den Anfang bei dem vorhandenen Format zu bleiben. Ein stärkerer oder schwächerer Saitenzug wird durch die Einstellung des Halsstabes ausgeglichen.

Beim Aufziehen neuer Saiten genügt es, wenn die umwickelten Saiten 2-3mal, und die blanken Saiten 3-4mal um den Mechanikwirbel reichen. Das entspricht ein bis eineinhalb mal dem Abstand zwischen zwei Wirbeln. Alles darüber hinaus ist unnötig.

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Wenn die normalen Stahlseiten vor allem in der Anfangszeit zu schmerzhaft für die Finger sind, rate ich zu sog. Silk & Steel-Saiten. Diese Saiten haben einen `Seele´ aus Seidenfasern und sind weicher zu greifen. Der Klang ist etwas weniger brillant und metallisch und die Saiten sind ein bißchen weniger laut.

Geheimtipp: auch neue Saiten können `schwarze Finger´ machen. Das liegt manchmal an Rückständen aus der Produktion, manchmal an der Lagerung; zur Abhilfe vor dem Aufziehen die Saiten einige Male durch einen festen, nicht fusselnden, Lappen hin- und herziehen. Manche Leute feuchten den Lappen noch mit WD40© an; ich verzichte lieber auf irgendwelche Substanzen, die sich zwischen die Saitenwicklungen setzen.

Alte, durch Schweiß, Schmutz und Lufteinflüsse korrodierte Saiten haben die Fähigkeit zur Klangerzeugung verloren und klingen dumpf. Sie verändern ihre Zugkraft und das wirkt sich ebenfalls auf Hals und Decke aus. Dunkel verfärbte Saiten haben ihre Lebensberechtigung auf der Gitarre schon vor langer Zeit verloren und gehören umweltfreundlich entsorgt. Wie lange Saiten halten, hängt vom Fabrikat, den Spielgewohnheiten und Umweltbedingungen (und den eigenen Ohren natürlich) ab.

Bei regelmäßigem Spielen müssen Saiten bereits alle paar Wochen gewechselt werden, bei regelmäßigem, ausgiebigem Spiel vielleicht schon nach einer Woche – spätestens, wenn sie ihre Brillanz und ihr Sustain verlieren, d.h. nicht mehr deutlich nachklingen. Zuerst macht sich der Effekt bei der tiefen E- und der A-Saite bemerkbar. Wenn eine Gitarre offen in der Gegend herumsteht, altern die Saiten ebenfalls, je nach den vorherrschenden Umweltbedingungen. Monate alte Saiten sind definitiv nicht mehr gut!

Wenn ich schon viel Geld für eine teil- oder vollmassive Gitarre – mit Knochensattel, Knochensteg und was sonst noch alles – ausgebe, ist es schlichtweg absurd, mit Monate oder sogar Jahre alten Saiten zu spielen!

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‚Dauerschmierung‘ durch den Besitzer ?!

Reinigung  und Pflege

Bei jedem 3. oder 4. Saitenwechsel sollten Griffbrett und Steg mit Zitronenöl eingerieben werden (keine Möbelpolitur oder andere Haus- bzw. Lebensmittel!), damit das Holz nicht ausdörrt, sondern geschmeidig bleibt. Nebenbei sieht das Griffbrett nicht aus wie oben! Das Zitronenöl wird mit einem weichen Lappen auf das Griffbrett aufgetragen. Nach einer Einwirkzeit von vielleicht 15 Min. reibt man noch mal leicht nach und entfernt Überschüsse. Anschließend ist es ratsam, die Bünde ebenfalls von Resten des Öls zu befreien, damit es keine Fettfinger und -saiten gibt. Von mineralischen, synthetischen oder Brat- und Kochölen Ölen (Waffenöle,  Oliven- oder Sonnenblumenöl; etc.) rate ich ab. Das Griffbrettholz soll nicht geschmiert bzw. gefettet werden, sondern eine gewisse Elastitizität und Geschmeidigkeit behalten.

Eine Hochglanz-Lackoberfläche lässt sich einfach pflegen, indem man sie immer wieder mal mit einer Gitarrenpolitur einreibt und anschließend nachpoliert. Es gibt jede Menge entsprechende Mittel, die man ausprobieren kann. Ich selbst verwende das Ernie Ball 4222 Guitar Polish Set oder X4-Bio. Die Politur entfernt Schweißreste und Fingerabdrücke und Ernie riecht außerdem ganz gut. Das mitgelieferte Tuch ist irgendwann verbraucht und dann kann man sich ein paar weiche Microfaser– oder klassische Brillenputztücher ohne Zusätze besorgen. Es ist auch kein Fehler, die Lackoberfläche hin und wieder mit einem entsprechenden Mittel zu versiegeln. Dazu verwende ich das GHS Guitar Gloss, das sich sparsam auftragen und nach dem Trocknen leicht abreiben lässt. Poliert man anschließend mit Watte nach, sieht die Oberfläche aus wie neu.

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Ambulanter Pflegedienst

Problematischer sind die matten Oberflächen. Mit der Zeit werden sie an typischen Stellen regelrecht glatt gewienert, oder sie werden fleckig. Das lässt sich nicht verhindern. Beim Reinigen der Lackoberfläche muss man sehr vorsichtig sein bei der Wahl der Mittel. Es gibt Polituren und Reiniger, die abrasive Zusätze enthalten, mit denen der Lack abgetragen wird und zu schimmern beginnt. Im schlimmsten Fall sieht es aus, als hätte man die Gitarre mit einer Speckschwarte abgerieben. Das Herausreiben von Fingerabdrücken aus der Oberflächen-struktur hinterlässt bei stärkerem Druck ebenfalls Spuren.

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Ich habe hierfür kein Patentrezept, meine Erfahrungen basieren auch nur auf Versuch und Irrtum. Beschreibungen und Erfahrungsberichte lesen, Ausprobieren und die ‚eigenen‘ Saiten und Pflegemittel finden, heißt die Devise…

Gruß, Stimmt so ..