4. Sattel – Stegeinlage – Steg

Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht! Durch Anklicken der Fotos erscheint die Galerieansicht, die sich durch einen weiteren Klick rechts unten in Originalgröße betrachten lässt.

NW 340 Stegeinlage neu

Sattel und Stegeinlage

Zwei sehr entscheidende Faktoren für den Klang einer Gitarre sind der Sattel (nut) unterhalb der Kopfplatte und die Stegeinlage (saddle). Nur zwischen diesen beiden Auflagen schwingen die Saiten, entsprechend sind sie die Übertrager der Schwingungen auf Hals, Decke und Korpus.

Damit diese eminent wichtige Funktion auch wirken kann, müssen der Sattel und vor allem die Stegeinlage(!) so hoch ausgelegt sein, dass die dahinter nach unten geführten Saiten keine weiteren Schwingungen entwickeln können. Der Winkel, mit dem die Saite nach unten geführt wird – der sog. „string break angle“ – darf auf keinen Fall so flach werden, dass die Saitenschwingungen über Sattel und Stegeinlage hinweglaufen. Dies würde die Mensur der Gitarre in unzulässiger Weise verlängern – einerseits.

String break angleAndererseits sinkt der Zug bzw. Druck auf den Sattel und v.a. die Stegeinlage umso mehr, je flacher der Winkel ausfällt und somit auch der Kraftschluss zwischen diesen Bauteilen und dem Material darunter. Und dass ein inniger Kontakt zwischen Stegeinlage und Decke, respektive Steg, für den Klang einer Gitarre mitverantwortlich ist, dürfte auf der Hand liegen. Daher der abrupte Knick am Steg und die abgewinkelte Kopfplatte; im Grunde ähnlich einer Seilbrücke oder einem Hochseil, nur im Gegensatz dazu freuen wir uns bei der Gitarre, dass das gespannte `Seil´ hin und her schwingt.

Entsprechend müssen die Saitenenden oberhalb vom Sattel und unterhalb der Stegeinlage unter sehr hohem Zug stehen. Je niedriger die Stegeinlage ist, desto flacher ist der string break angle, und umso niedriger ist der Zug bzw. Druck, der auf sie einwirkt – bis hin zum Verlust der eigentlichen Funktion (siehe weiter unten). Dabei hängt die Höhe der Stegeinlage letztlich auch davon ab, wie der Halswinkel ausgelegt ist. Wie auf den folgenden Fotos zu sehen, kann sie durchaus unterschiedlich ausfallen.

Um den string break angle möglichst steil auszulegen, gingen manche Hersteller auch dazu über, den Steg unterhalb der Saitenpins bei einigen Modellen deutlich abzuflachen.

Im Zusammenhang mit dem string break angle wird klar, dass wie auch immer geartete Saitenpins an einer Stelle sitzen, die sich außerhalb des natürlichen Schwingungsbereiches der Saiten befinden und nur dazu dienen, diese zu arretieren. Das nur dazu, dass bei Auktionen regelmäßig geschrieben wird, Palisander-, Messing- oder wasauchimmer-Pins hätten den Klang und das Sustain einer Gitarre deutlich verbessert. Die neuen Saitenpins müssten dafür das Schwingungsverhalten der Saiten oder das der Decke (also die Physik bzw. physikalischen Eigenschaften) entscheidend verändern. Bei Messingpins wäre immerhin noch denkbar, dass das höhere Gewicht eine Rolle spielt. Würde man dieser Logik folgen, wären ein paar zusätzlich auf die Decke geklebten Gewichte der Bringer. Gesehen habe ich das allerdings noch nicht.


Aber – der Amerikaner Mike Shellhammer hat mit seinen Boulder Creek®-Gitarren eine neue Art der Deckenkonstruktion realisiert. Das Schalloch liegt in der linken Zarge und strahlt die Schwingungen in Richtung des Spielers, also nach oben, ab. Das sog. „Suspended Bracing System“ (SBS), das aus zwei weitgehend freischwebenden Aluminiumröhren besteht, ist innen unter der Decke angebracht. Die Aluminiumröhren ähneln den Klangstäben von Chimes und sind parallel zu den Saiten angeordnet. Die Halterungen sitzen an beiden Enden der Decke. Ohne Schalloch reicht eine einfache Kreuzverbalkung, somit kann die Decke über eine erheblich größere Fläche schwingen und Frequenzen abstrahlen. Die Klangröhren unterstützen die Deckenbewegung und verlängern das Sustain. Eine verblüffende, aber recht unkonventionelle Lösung. Entsprechend sieht man bei uns nur selten Boulder Creek-Modelle. Dieses Prinzip irritiert die Meisten. Wenn’s der Bauer nicht kennt, geht er nicht d’ran, und die Gitarren werden natürlich nicht verschenkt.


Erfordert der Halswinkel eine sehr niedrige Stegeinlage, unterstütze ich deren Funktion v. a. durch dass „Slotting“ und „Ramping“. Der Druck bzw. Zug auf die Stegeinlage ist normalerweise hoch genug, damit Schwingungen ausreichend übertragen werden können. Aber auch bei einem normalen Steg hat die Wirkung von Stringramps natürlich Grenzen, ab einem gewissen Punkt oder besser einer gewissen nicht mehr vorhandenen Höhe ist der Effekt verschwindend gering. Es gibt aber genügend Zeitgenossen, die schmirgeln die Stegeinlage soweit `runter („…ich hab‘ mal ’ne Saitenlage wie bei ’ner E-Gitarre eingestellt…“), dass dieser kaum noch exisitiert. Wie man unten unschwer erkennen kann, ist das bei Gitarren mit einem string-through-Steg tödlich.

Wenn im Steg ein Transducer, also ein Wandler-Tonabnehmer (und das sind die allermeisten), installiert ist, der wie alle Piezo-TA’s auf Druckveränderungen reagiert, hat sich das Thema Schwingungsübertragung auch in diesem Fall weitgehend erledigt. Das die schwarze Gitarre überhaupt noch Töne von sich gab, war schon erstaunlich, aber je höher die Frequenzen wurden, desto weniger blieb von ihnen logischerweise übrig. Hier liessen sich die Saiten sogar abheben!

Bei manchen Gitarren lassen sich die Saiten auf dem Steg hin- und herbewegen. Natürlich kommen immer noch Töne `raus, aber das ist absoluter Unfug! Nach so einer Aktion muss sich niemand mehr Gedanken um Sättel und Stegeinlagen aus Knochen oder die Oktavreinheit & Intonation machen …

Ibanez ist bei einigen Modellreihen einen eigenen Weg gegangen, die Sättel, Stegeinlagen und Stege haben ein anderes als das übliche Design (bei der oben abgebildeten EW40 wird gerade eine neue kompensierte Knochenstegeinlage angepasst, der Steg war schon mit Stringramps versehen und die Pinlöcher angesenkt). Die Stege für die Exotic Wood-Modelle sind flach und tief, und der Abstand zwischen Stegeinlage und Pinlöchern ist gegenüber herkömmlichen Stegen deutlich verlängert. Die unweigerliche Folge ist ein ebenso deutlich abgeflachter string break angle. Das muss aber niemand davon abhalten, den Saitenwinkel trotzdem weitgehend außer Betrieb zu setzen, erst recht, wenn der Hersteller die entsprechenden Aussparungen im Steg schon gleich mitliefert …

String Break Angle

Eine Konstruktion, mit er sich das Einsetzen von Stegpins und damit weitere Probleme erübrigen, verwenden Hersteller wie LAG™, Takamine™ und andere, den sog. „String through“-Steg, der eigentlich von der klassischen Gitarre übernommen wurde. Über eine eingerissene Bridgeplate (s.u.), verklemmte oder herausspringende Pins muss man sich erstmal keine Sorgen machen.

Der Nachteil: die Löcher sind bedingt durch die Flachheit der Stege manchmal so schmal, dass die dicken, umwickelten Saitenenden gerne mal darin verklemmen. Ein Aufbohren kam in meinem Fall – eine LAG – nicht in Frage, weil sich kein Werkzeug so flach ansetzen ließ, wie es nötig gewesen wäre. Weiterhin müssen die offenen Saitenenden von unten her eingefädelt werden und stoßen mit den spitzen Enden vor die Stegeinlage oder die Schräge davor, und das macht mitunter unschöne Kratzer, wenn man versucht, sie irgendwie darüber zu heben.

Der eigentliche Haken in unserem Fall hier aber ist die fehlende Möglichkeit, den String Break Angle nachträglich zu verändern – es gibt nämlich keinen Spielraum (siehe der schwarze Steg oben). Auch ein Bridgetruss (siehe nun weiter unten) ließe sich vielleicht nicht ohne Weiteres einsetzen, wäre aber wohl machbar.

Kommen wir zum nächsten Punkt, der auch nicht ganz unerheblich ist. Ein direkter, stabiler und flächiger Kontakt von Sattel und Stegeinlage zum Holz ist die unabdingbare Voraussetzung(!) dafür, dass möglichst viele der Saitenschwingungen auf die Gitarrendecke übertragen werden können. Damit scheidet eigentlich jede Art von Plastik als Übertragungsmedium aus, zumal viele Kunstoffsättel innen auch noch hohl sind.

Weiterhin ist damit für mein Verständnis jede Diskussion zu und über Stege mit verstellbarer Stegeinlage (also mechanisch beweglich und zwangsläufig mehr oder weniger entkoppelt) obsolet. Das folgende Beispiel macht’s noch deutlicher. Hier war bei einer finnischen Landola™ zwischen Stegeinlage und Decke noch ein Untermieter eingezogen (siehe auch 8. Der verstellbare Steg … ).

Die Idee mit den verstellbaren Stegen stammte eigentlich aus den sog. Archtop-Gitarren, die traditionell in anderen Musikstilen verbreitet waren, als die klassischen Westerngitarre, die Flattops. Hier sind die Stege nicht mit der Decke verleimt, sondern nur aufgesetzt (floating bridge), gehalten durch den reinen Druck der Saiten, da sie zudem sehr hoch ausgelegt sind. Dahinter entsteht ein steiler Winkel zur Aufhängung (Tailpiece), womit der „string break angle“ immr ausreichend war. Anfang des letzten Jahrhunderts waren die Brücken von Gibson-Archtops bereits mit längenkompensierten Saitenauflagen ausgestattet und 10 Jahre später ließ man die verstellbare Brücke patentieren. Zu dieser Zeit wurden ihre Gitarren auch mit verstellbaren Trussrods ausgerüstet.

Die Weiterentwicklung der klassischen Westerngitarre ließ bei den allermeisten Herstellern noch längere Zeit auf sich warten. Aus unerfindlichen Gründen machten sie sich lange Zeit keine großen Sorgen um eine exakte Oktavreinheit mit einer möglichst genauen Übereinstimmung von Leersaite und Oktav- oder Flageoletton im 12. Bund. Bis dahin waren häufig die D- und die hohe E-Saite die einzigen mit einer guten Intonation über die gesamte Mensur. Die recht neue Firma Ovation™ und der damals junge Bob Taylor, Gründer von Taylor Guitars™, setzten gegenüber der alteingesessenen Konkurrenz auf Innovation und statteten in den 70ern ihre Modelle serienmäßig mit kompensierten Stegeinlagen aus. Heutzutage gibt es immer noch viele Hersteller, die generell oder zumindest in der Consumer-Class einfache unkompensierte Plastikeinlagen verwenden.

Flattop-Spieler schielten offenbar immer wieder ziemlich neidisch zu den Archtop-Kollegen `rüber, deren Gitarren so komfortabel ausgestattet waren und viel weniger Probleme mit Oktavreinheit & Intonation hatten. Ende der 50er Jahren baute Gibson auch in Flattops verstellbare Stege ein, bis man in den 70er Jahren einsah, dass diese praktische Idee am Ende eine ziemlich dumme war, weil Lautstärke und Klang darunter deutlich litten. Seitdem fand bzw. findet man die verstellbaren Apparate nur in den typischen Billiggitarren bevorzugt europäischer und japanischer Provenience, die heute im nachhinein gerne als Wunderwerke aus einer goldenen Zeit verklärt werden.

Gibson B-25N 1967
Gibson B-25N von 1967

Auch ein solcher Metallapparat hat in einer Westerngitarre nichts zu suchen, egal welcher Name d’raufsteht! Selbst das hat einem Besitzer aber noch nicht gereicht: mein Tipp – Steg einfach abreißen und durch Nägel ersetzen…

Steg hingerichtet

Wie sich oben und unten unschwer sehen lässt, reichen Phantasie und handwerkliches Geschick mancher Gitarrenbesitzer ohne Weiteres dazu aus, diese beiden enorm wichtigen Komponenten einer Gitarre regelrecht hinzurichten! Die Ergebnisse sind schlichtweg schauderhaft – und auch noch ziemlich verdreckt! Was mir selbst aber erst vor kurzem auf dem Foto oben rechts aufgefallen ist: der Sattel wurde künstlich erhöht und auch noch eingekerbt(?!), obwohl der Null-Bund den ganzen Unfug sowieso unnötig macht?! Wo hat man denn da denken lassen …

Apropos optimieren – das folgende Foto zeigt die überaus phantasievolle Idee, die Stegeinlage mit einem Stück fein zusammengefalteten WC-Klangpapier zu unterfüttern. Ob es sich bei dieser Tuningmaßnahme um ein sehr hochwertiges Toilettenpapier handelte, oder nur um billige Recyclingware, konnte ich nicht mehr ermitteln…

WC-Klangpapier

Es sind nicht wenige Gitarren durch meine Hände gegangen, deren Sattel oder Stegeinlage nicht mehr im Originalzustand war. Viele Besitzer haben daran `rumgesägt oder -gefeilt, um die „Performance“ zu verbessern. Danach  sind die Kerben umso tiefer und klemmen die Saiten ein, die normalerweise oben nur mehr aufliegen sollen. Da wurde oft recht grobmotorisch Hand angelegt. Auf dem ersten Foto hatte der Vorbesitzer zuerst den Sattel versägt und anschließend halbseitig ein Stück Plastik d’runter geklemmt, auf Foto Nr. 3 wurde der ebenfalls versägte Sattel wieder mit einem Gummistreifen unterlegt. An manchen Teilen hat auch der Zahn der Zeit ordentlich genagt und sie sind eigentlich nicht mehr zu gebrauchen ….

Viele persönlichen Tuningmaßnahmen entstehen nicht zwangsläufig auf der Grundlage eines logischen Gedankens, sondern eher nach dem Prinzip `etwas aufschnappen´ und dann mit blindem Aktionismus umsetzen. So ist vermutlich auch der unübersehbare Spalt zwischen dem Sattel und dem Griffbrett unten entstanden. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung des Sattelbettes wäre das möglicherweise nicht passiert …

Ganz ärgerlich wird es, wenn jemand auf die unvergleichlich schlaue Idee kommt, den Sattel in ein eingefrästes Sattelbett hineinzukleben. Normalerweise fixiere ich ihn nur mit ein, zwei winzigen(!) Tröpfchen Sekundenkleber am Griffbrett, mehr nicht. Mit einem leichten Schlag gegen den Sattel löst er sich ohne Probleme wieder. Klebereste werden entfernt, damit das Griffbrettende wieder sauber und plan ist und der (neue) Sattel wieder einen flächigen Kontakt hat und gleichzeitig plan auf dem Hals sitzt. Ist das Sattelbett nicht rechtwinklig, muss der Sattel eben entsprechend angepasst werden.

Im Folgenden kann man sehen, was passiert, wenn der Sattel rundherum eingeleimt worden ist! Bei einer Takamine, bei welcher der Sattel nicht auf dem Hals auflag, sondern in einer gefrästen Nut saß, sollte ein Knochensattel eingesetzt werden – ja, denkste!

Ein Sattel muss jederzeit ausgetauscht werden können, ohne dass er, wie in diesem Fall, Holz mitreißt. Das Sattelbett wurde dann nachbearbeitet, überflüssigerweise. Zum Thema Kontakt mit dem Holz habe ich mich ja bereits weiter oben geäußert.

Der neue Sattel brauchte nur fest angedrückt werden, kleben war gar nicht nötig. Er sitzt ohne Spiel und wird sich von alleine nicht lösen, erst recht, wenn die Saiten quasi parallel von innen nach außen aufgezogen werden.

Um das Übertragungsverhalten zu optimieren, werden bei höherwertigen Gitarren wegen ihrer Dichte Materialien wie z.B. Knochen oder Tusq verwendet. Bei Bedarf lassen sich Plastikteile also austauschen.

Sowohl Sattel als auch Stegeinlage werden seriöserweise an das jeweilige Instrument angepasst (siehe Aus der Werkstatt …) und im Falle der Stegeinlage individuell kompensiert. Die Sattelkerben werden mit speziellen Sattelfeilen oder -sägen so in die Satteloberfläche eingebracht, dass v.a. die umwickelten Saiten nur aufliegen. Die Säge aus dem Heimwerkerkasten ist dafür nicht geeignet. Werden die Kerben falsch bzw. schlecht gefeilt, werden Saiten auch gerne mal durch eine unpräzise Sattelkante oder unpräzise Stegeinlage zum Schnarren verleitet. Das herauszufinden, kann dauern, weil der Ort dieses Schnarren aus keiner eindeutigen Richtung kommt und nur schwer zu identifizieren ist. Ohne die entsprechende Erfahrung kann das manch Einen nahe an die Verzweiflung bringen!

Der Steg

Der Steg ist eines der am häufigsten vernachlässigten Stiefkinder überhaupt. Für ihn interessiert man sich nur, wenn die Saiten mal gewechselt werden, und auch nur dann und das wiederum sehr oberflächlich. Passt die Saitenlage nicht zum persönlichen Empfinden, geht es um die Stegeinlage. Hat sich die Statik der Decke verändert, sind andere Faktoren im Spiel. Aber selbst die Hersteller zeigen für ihn in den unteren Preisklassen keine große Wertschätzung. Die Oberflächen sind häufig nur grob geschliffen und fühlen sich nicht besonders smooth an. Die Ecken und Kanten sind vergleichsweise spitz und scharf, wovon die eine oder andere Spielhand bzw. das Handgelenk ein Lied singen kann.

Warum sollen sich dann die BesitzerInnen groß darum kümmern? Dementsprechend sehen die meisten Stege auch aus! Grobmotorische Einflüsse sind recht nachhaltig und nicht wenige Stege haben ihre ganz speziellen Kampfspuren davon getragen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen – ein vermackter Steg ist kein Defekt! Seine Funktion ist erstmal in keiner Weise gestört und manche Kampfspuren entstehen schon alleine durch den Saitenzug. Man sieht daran aber auch, wie der/die bisherige Besitzer/in mit dem Instrument umgegangen ist. Sollte ich mich also für eine Gitarre interessieren, die solche oder ähnliche Kriegsverletzungen davongetragen hat, muss ich überall sehr genau hinsehen und fragen! Möglicherweise steht hier wegen vieler `Kleinigkeiten´ eine Rundumerneuerung an …

Der Steg wird normalerweise mit einem Spezialleim auf die Decke geklebt, der glashart wird und somit eine direkte Schwingungsübertragung auf den Korpus gewährleistet. Im Falle eines Falles lässt sich der Steg mit einem aufwendigen Verfahren von der Decke trennen. Er muss nach und nach erhitzt und ganz allmählich abgehoben werden.

Ein weiterer Hinweis auf echte Billigproduktion sind folglich mit der Decke verschraubte Stege. Man erkennt sie an den 2 eingesetzten Kunststoffpunkten unterhalb der Stegeinlage. Darunter verbergen sich Schrauben, die den Steg auf der Decke halten sollen. Das spricht nicht nur für wenig Vertrauen des Herstellers in den hauseigenen Leim, sondern auch dafür, dass bei der Herstellung nicht entsprechend abgelagertes, sondern feuchtes Holz verwendet wurde oder man nicht warten wollte, bis der Leim ausgetrocknet hatte. Diese Art der Steg-Montage gibt’s auch bei manchen teuren Gitarren, dann aber aus anderen Gründen oder konstruktionsbedingt, weil z. B. die Saiten nur durch den Steg und nicht die Decke geführt werden. Manchmal wird bei Reparaturen der Steg noch zusätzlich durch Schrauben gesichert (…ist aber nicht nach Art des feinen Gitarrenbauerhauses).

Die Gefahr ist groß, dass sich das `feuchte´ Holz mit der allmählichen Trocknung verzieht und dann hat man z. B. eine Senke zwischen Griffbrettende und Steg. Dieser wird in Richtung Hals nach oben gezogen und der unter Teil der Decke wölbt sich ebenfalls deutlich nach oben (Belly). Damit ist natürlich jede vernünftige Saitenlage nur noch eine schöne Erinnerung, das gleiche gilt für die Oktavreinheit.

Im besten Fall reißt der Steg (in diesem Fall Ahorn oder ???) dann ab, wie oben zu sehen ist …

Mitunter findet man so etwas auch bei älteren, günstigeren Gitarren, die von ihrem Besitzer gerne vor der aufgedrehten Heizung geparkt wurden. In Tateinheit mit einem krummen (nicht zu verwechseln mit der natürlichen Halskrümmung!) oder verbogenen Hals ist das Instrument nicht mehr zu stimmen, von der Bund- und Oktavreinheit ganz zu schweigen. Solche Geräte taugen nur noch als Brennholz oder Wanddekoration.

„Gespaltene Zunge“

Hat der Steg einen Riss – dieser entsteht meist an der schwächsten Stelle im Holz, also links und rechts neben der Stegeinlage – oder ist er sogar gebrochen, Finger weg! Der Saitenzug zerrt die Stegeinlage unweigerlich in Richtung Schalloch und diese drückt in ihrer Nut ebenso unbeirrt gegen den schwächeren Teil des Steges. Theoretisch lässt sich der Steg an diesen Stellen von einem Fachmann dauerhaft leimen, aber da sind Spezialwerkzeuge und entsprechendes Know-How erforderlich, und das ist immer vom Einzelfall abhängig. In der Regel muss der Steg entfernt und durch einen neuen ersetzt werden.

Dem sporadischen Heimwerker mag es genügen, das fliehende Stück Holz mit Ponal o.ä. vorübergehend zurückzuhalten, vielleicht auch für länger. Eine seriöse Problemlösung ist das nicht. Der Steg bildet keine geschlossene Einheit mehr, das abgebrochene Holz sitzt nicht exakt an der erforderlichen Position. Wie man ganz oben unschwer erkennen kann, hat die Stegeinlage mehr Platz, als ihr zusteht und sie kippt zwangsläufig nach vorne.

Einerseits erhöht sich der Druck auf den vom Restholz mehr oder weniger getrennten Span, andererseits werden die Saitenlage und die Oktavreinheit negativ verändert. Der Steg in Bild 1 bis 3 wurde geleimt, aber trotzdem ist deutlich der Spalt zu erkennen, ebenso die auch hier gekippte Stegeinlage. Ist die Nut für die Stegeinlage (im Verhältnis) nicht tief genug, kann sie im Extremfall nach oben herausgerissen werden.

Ein Riss im Steg ist nicht immer sofort zu erkennen, man muss genau hinschauen und er bedeutet erst einmal eine aufwendige Reparatur.

Die Stegplatte

Ein nicht ganz unwichtiges Bauteil ist so versteckt eingebaut, dass wir es nie zu Gesicht bekommen – die Stegplatte (Bridgeplate). Sie befindet sich exakt unterhalb der Decke, auf Höhe des Steges, und soll verhindern, dass die Ösen an den Saitenenden (Ballends) aufgrund des Saitenzuges durch die Decke hindurch gerissen werden.

Die Bridgeplate auf Foto 1 und 2 ist in einem tadellosen Zustand, keine ausgebrochenen Holzstückchen oder -fasern. Auf Foto Nr. 3 ist die Bridgeplate beschädigt, und zwar bereits durch das Bohren der Steglöcher während der Fertigung, was gar nicht so selten ist. Auch bei neuen Gitarren lassen sich mitunter Vertiefungen in der Oberfläche der Platte fühlen, und manchmal hängen grobe Holzfasern herunter. Vermutlich geschieht das, wenn die Bohrer zu schnell oder mit zu starkem Druck durch Steg und Decke nach innen schneiden.

Erstmal ist das kein Drama, da die Bridgeplate aus Sperrholz oder sehr hartem Holz besteht. Unangenehm werden kann es, wenn die Gitarre schon längere Zeit in Betrieb ist und unzählige Saitenwechsel erlebt hat, durch die auch die Platte gelitten hat. Im schlimmsten Fall reißen die Ball-Ends durch die Bridgeplate.

Yamaha FG 460 SA – hier wird’s langsam ungemütlich, lange Späne sind entlang der Löcher herausgerissen, weil die Löcher zu schnell und/oder mit zu viel Druck gebohrt wurden (merkwürdig eigentlich, da doch die Fertigung und die Gitarren früher viel besser waren?!). Durch die geschwächte Platte wurden die Ballends nach oben gezogen und der Weg durch die Decke ist nicht mehr weit. Das wäre nicht wirklich im Sinne des neuen Besitzers!

Da die Steglöcher zudem nicht sauber in Reihe gebohrt wurden – ein paar hier, ein paar dort – lässt sich die neue Stegplatte nicht vor dem Einsetzen bearbeiten, um erneute Ausrisse zu vermeiden. Sie muss zuerst eingeklebt werden – ärgerlich… (Aus der Werkstatt …)

Es lohnt sich vor dem Kauf bei alten `Schätzchen´- vor allem aus den 60ern oder 70ern – also durchaus ein Blick ins Innere. Sind die Saiten erstmal durch die Bridgeplate durch, hält sie nichts mehr auf, die Gitarre ist dann nicht mehr funktionsfähig! Der Gang zum Gitarrenbauer ist dann unumgänglich, damit eine neue Bridgeplate eingesetzt wird. Bei einer Investition von mehreren hundert Euro sollten vieleicht noch 5-6€ für einen Teleskopspiegel drin sein. Sieht’s so aus, wie oben – Finger weg!

Stimmt so …