8. Der verstellbare Steg …

verstellbarer Steg 7

… ist eine wirklich gute Möglichkeit, die Übertragung der Saitenschwingungen auf die Gitarrendecke empfindlich zu stören!

Immer wieder stoße ich auch auf alte Laminat-Schätzchen – billige bis günstige Kopien, die sich hinter den großen Vorbildern angeblich nicht verstecken müssten und denen Wunderdinge angedichtet werden. Obwohl ich an anderer Stelle schon mit Inbrunst über diese Konstruktion hergezogen bin, möchte ich es für ganz hartnäckige Zeitgenossen und -innen noch einmal ganz deutlich formulieren:

Verstellbare Stege sind Klangverhinderungsapparate und gehören nicht in eine akustische Gitarre !!

Sowas ist schlichter Unfug! Der Grund liegt auf der Hand und lässt sich mit einfacher Physik erklären – dem Prinzip des Kraftschluss‘ und der Übertragung von Schwingungen von einem Körper auf einen anderen. Um die Schwingungen der Saiten möglichst wirkungsvoll auf den Gitarrenkorpus zu übertragen, müssen entsprechende Kontaktpunkte vorhanden sein, welche die Schwingungen aufnehmen und als Übertrager fungieren. Dies sind der Sattel und die Stegeinlage, die als einzige Bauteile direkten Kontakt mit den frei schwingenden Saiten haben.

Diese `Schwingungsaufnehmer´ dämpfen je nach Materialbeschaffenheit einen Teil der Schwingungen und geben den Rest an das nächste Medium weiter – in unserem Fall Hals und Steg, die natürlich auch nur einen Teil der aufgenommenen Schwingungen weitergeben. Beide bestehen aus einer bestimmten Holzart und sind Teil der Gesamtkonstruktion, deren Aufgabe darin besteht, diese Restschwingungen erheblich zu verstärken (siehe auch 4. Sattel – Stegeinlage – Steg).

Die Kunst des Gitarrenbaus besteht nun darin, mit Hilfe hochwertiger Hölzer und anderer hochwertiger Materialien möglichst wenig Verluste zu erhalten, die sich letztlich auf die Klangqualität auswirken. Eine Möglichkeit besteht darin, durch bauliche Maßnahmen einerseits für eine hohe Stabilität zu sorgen und andererseits die Konstruktion möglichst flexibel zu gestalten, damit möglichst viele der übriggebliebenen Schwingungen hörbar werden. Das sind die Hauptfaktoren, die aufgrund von Materialkosten und Aufwand den Preis einer Gitarre bestimmen (von prestigeträchtigen Namen einmal abgesehen).

Eine weitere, vergleichsweise kleine Möglichkeit, Einfluss auf den Klang zu nehmen, besteht darin, für die beiden Übertrager Sattel und Stegeinlage ebenfalls Materialien auszuwählen, die sich günstig auf die Weitergabe der Schwingungen auswirken, also ebenfalls möglichst wenig, oder zumindest möglichst vorteilhaft, zu dämpfen. Aus diesem Grund werden für hochwertige Gitarren traditionell Materialien wie Knochen oder in früheren Jahren auch Elfenbein verwendet. Inzwischen sind Stoffe wie „Nubone“ oder „Tusq“ dazugekommen, für Verwendung von ordinärem Plastik gibt es eigentlich keinen Grund mehr – ginge es nicht wie immer ums Geld.

In jedem Fall gilt: je weicher die Materialien, desto größer die Dämpfung und der Verlust an Schwingung. Verständlicherweise ist daher noch niemand auf die Idee gekommen, in bzw. an einer Gitarre Gummisättel oder -stegeinlagen einzusetzen.

Dafür hatten aber schlaue Zeitgenossen die vorteilhafte und gewinnbringende Idee, einen guten Teil dieser Konstruktionen – aus billigen bis günstigen Hölzern, häufig schlecht verarbeitet und zusammengesetzt – mit einem Gestell aus Gussmetall (in seltenen Fällen aus Holz) zu versehen. Da nicht alle Käufer über die nötige Kondition und Koordination in ihren Händen respektive Fingern verfügten, konnten sie mittels dieser Gestelle die Stegeinlage in der Höhe verstellen und wie durch Zauberhand – die Gitarre ließ sich einfacher spielen oder auch einer härteren Gangart anpassen.

Japanische Hersteller versahen damit nicht nur die Billiggeräte, sondern auch deutlich bessere Modelle mit massiven Decken und hochwertigeren Hölzern. Sogar bei renommierten Anbietern wie Fender oder Gibson fanden sie den Weg in die eine oder andere Gitarre. Mir ist völlig unverständlich, wie man auf so eine unsinnige Idee kommen konnte.

Die Sache hat(te) nur einen Haken. Die Stegeinlage überträgt die Schwingungen nun auf das Gestell und nicht mehr auf den Steg und die Decke der Gitarre. Als wär‘ das noch nicht genug, fanden und finden sich in diesen Metallapparaten Stegeinlagen aus allen möglichen, mehr oder weniger, weichen Kunstoffen. Neben der Entkopplung der Schwingungen auf den Korpus, versinkt ein Teil von ihnen auch noch im Weichplastik. Das nenne ich mal eine gelungene Aktion!

verstellbarer Steg

An dieser Stelle muss sich niemand mehr große Gedanken über „…edle Hölzer…“ oder „…ein Vintage Schätzchen aus Japanischer Fertigung…“ machen, ebensowenig über „…mit feinstem Schaftöl eingelassene…“ Griffbretter oder „…Steg der Brücke und die Pins…aus Knochen“. Da kommen die Saitenschwingungen nur noch rudimentär an.

Nichtsdestotrotz schwärmen und schwadronieren private Anbieter nach wie vor nicht nur von der gloriosen Zeit, in welcher diese unselige Angewohnheit Verbreitung fand, sondern auch von dieser Absonderlichkeit selbst.

Will Frau oder Mann eine Gitarre mit Klangverhinderungsapparat unbedingt behalten und spielen oder – warum auch immer – sogar kaufen ( da sollte der Preis in einem wirklich vernünftigen Rahmen liegen, der auch Preise & Qualität heutiger Gitarren mit berücksichtigt), wäre das einzig Sinnvolle, den Verstellmechanismus zu entfernen. In die Lücke wird ein Einsatz aus Mahagoni, Palisander oder einem vergleichbaren Holz mit entsprechender Passung und dem nötigen Druck eingeleimt. Der Schlitz für die Stegeinlage lässt sich sogar vorher in gewünschter Dimension in den Holzeinsatz sägen. Dann setzt man eine vernünftige Knochenstegeinlage ein und sorgt mit dem gesamten Setup für eine akzeptable Saitenlage. Ist die Gitarre ebenfalls in einem akzeptablen Zustand, lohnt sich der Aufwand möglicherweise. So lässt sich jedenfalls eine Vollaminat-Gitarre aus der Jugendzeit ins Heute retten. Bei Bedarf kann sie dann noch gegen zeitgenössische Laminatmodelle antreten…

Stimmt so …