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Der Steg
Selbst die Menschen, die sich um ihr Instrument kümmern, übersehen gerne ein Bauteil, ohne dass die ganze Gitarre nicht funktionieren würde. Dementsprechend wird es nicht sehr oft in die allgemeine Pflege einbezogen, dafür aber regelmäßig mit grobem Werkzeug gequält. Schon die Hersteller widmen sich ihm erst ab einer höheren Preisklasse. Da wird das roh gesägte und gehobelte Stück Holz doch noch einer genaueren Behandlung unterzogen. Darunter scheint sich niemand wirklich für den Steg zu interessieren.
Ich schon – bei so ziemlich jeder Gitarre, die ich überarbeite!
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an, mit der Optik. Auch hier gehe ich nach dem Prinzip „Plastik `raus“ vor, verfolge aber ebenso ein praktisches Ziel. Es soll ja Leute geben, die ihre Saiten nicht erst alle paar Monate oder Jahre wechseln, sondern bereits wenn sie Sound & Sustain verloren haben. Da müssen Pins und Saiten wohl oder übel `raus und der Steg sollte seine Funktion auch erfüllen. Die Saitenpins sollen eigentlich nur verhindern, dass die Saiten durch ihre Eigenspannung aus dem Steg gerissen werden. Von `reinquetschen oder mit dem Steg verpressen ist nirgendwo die Rede. Folglich muss man an den Steg selbst `ran.
Die Plastikpins werden ersatzlos gestrichen und die Gitarre bekommt schöne Ebenholzpins mit Abalone-Auge, nach Farbe und Aussehen selektiert.
Da sie im Durchmesser dicker sind als ihre Vorgänger, müssen die Steglöcher mit einem Reamer (konische Reibahle) aufgeweitet werden. Jeder Pin wird einzeln auf ein Loch angepasst – egentlich ist es ja umgekehrt – bis er auf gleicher Höhe mit den anderen sitzt, und hinterher entsprechend markiert (falls der neue Besitzer sie gerne verwürfelt). Vorher sollte sichergestellt sein, dass die Durchmesser der einzelnen Saitenpins möglichst gleich sind, damit die Löcher nicht zu unterschiedlich groß werden. Ungeachtet dessen sind auch teure Ebenholzpins aus einem Naturwerkstoff und fallen daher unterschiedlich aus. Generell ist beim Aufweiten Vorsicht angebracht – ein bißchen zuviel Druck auf den Griff, und die Pins fallen `rein.
Die Saitenpins sitzen. Die Steglöcher wurden vorher angesenkt, damit die Saitenpins tiefer sitzen, aber auch besser zu greifen sind. Die Stegeinlage wird später stärker unter Druck gesetzt, als im Originalzustand, und die Saitenschwingungen werden besser übertragen. Das ist erst recht dann von Bedeutung, wenn die Höhe der Stegeinlage aufgrund des (event. im Lauf der Zeit veränderten) Halswinkels recht flach ausfällt (siehe „string break angle“).
Im Inneren werden sog. Stringramps durch den Steg bis ‚runter zur Decke geführt (Slots), damit v. a. die dicken Saiten genügend Freiraum erhalten und die Pins relativ locker eingesetzt und herausgenommen werden können, sobald die Saiten entspannt sind (s. u.). Manchmal allerdings sind die Saitenenden so krüpplig gewickelt, dass die Pins trotzdem ziemlich fest sitzen. Dann hilft der Bridgepinheber.
Die Saiten halten noch in den Slots. Die Pins sollen eigentlich nur verhindern, dass sie unter Spannung nach oben herausrutschen. Nirgenwo steht, sie müssten mit dem Hammer in den Steg `reingeprügelt und mit der Klempnerzange wieder `rausgezerrt werden !!!
Manche Hersteller sägen die Saitenpins mehr oder weniger gerade ab. Für das Einsetzen ist dass nicht wirklich von Vorteil, weil das platte Ende gerne mit den Ballends der Saiten ins Gehege kommt und die Pins beim Saitenspannen wieder mit herausgezogen werden.
Weiterhin kann es passieren, dass der Pin die Saite am Ballend nach unten zieht. Nach dem Stimmen wird das lose Saitenende durch die Schwingungen des Korpus unweigerlich zum Vibrieren gebracht. Die Folge ist ein hoher, sirrender Ton, der bei bestimmten Frequenzen zusätzlich auftritt, aber nur sehr schwer zu lokalisieren ist. Das hat schon manch Eine bzw. Einen der Verzweiflung recht nahe gebracht. Also … Pins anschrägen.
Bevor Stringramps und -slots eingearbeitet werden, muss ich die Position markieren, damit sie die Saite nicht in die Irre führen. Dann ist der Steg selbst an der Reihe. Manche Gitarren sind so wenig gepflegt, dass erstmal alle Ecken saubergemacht werden müssen.
Bei nahezu allen Gitarren, die ich überarbeitet habe, war die Stegoberfläche mehr oder weniger rauh bis manchmal sogar roh, wie ganz oben auf dem Foto mit dem verklemmten Saitenpin an einer SIGMA zu sehen ist. Die Stege selbst hatten eine deutliche Oberflächenstruktur und scharfe Ecken und Kanten. Anders als beim Griffbrett gebe ich mich damit hier nicht zufrieden. Beim manchen Spielern berühren immer wieder Handgelenk oder Unterarm diese Stellen, und das kann durchaus unkomfortabel werden. Außerdem – wenn die Hersteller schon soviel Brimborium um die Qualität ihrer Instrumente machen, sollte es wohl möglich sein, hier auch mal ein bißchen mehr Sorgfalt an den Tag zu legen.
Das Finish …
Die Stegoberfläche glätte ich mit verschiedenen Körnungen, wie oben bei einer älteren Yamaha FG 720. Hier hatte das Palisanderholz zudem eine Farbe, die mich mehr an beige-braune Nussbaummöbel aus dem Gelsenkirchener Barock erinnert hat, als an das, was ich mit Palisander verbinde. Die Oberfläche verstärkte noch mit ihrer leicht glänzenden, riefigen Struktur diesen Eindruck (bei neueren Modellen dieser Baureihe ist mir das nicht aufgefallen, anscheinend wurde da eine andere Charge Holz verwendet). Da musste jedenfalls `was passieren, und am Ende sah das Palisander wieder aus wie Palisander.
Zuletzt breche und verrunde ich die Ecken und Kanten, bis sich die gesamte Oberfläche angenehm glatt anfühlt. Dann wird der Steg abgesaugt, mit dem Spezialtuch eingerieben und mit einem rauhen Lappen werden alle Schmutz- und Schleifreste aus der Struktur entfernt. Ein, zwei Ölaufträge und … voila … ein samtig glänzender Steg, der sich beim D’rüberstreichen mit den Fingern sehr smooth anfühlt.
Der Steg ist fertig. Die Stringramps und -slots für die Saiten sind eingearbeitet, die Pinlöcher angesenkt, die Stegoberfläche abgeschliffen und geglättet. Mit der letzten Ölung erhält der Steg wieder seinen schönen Holzton zurück und die Oberfläche schimmert geradezu … edel.
Die Stegplatte (Bridgeplate)
Ein anderes, wichtiges Bauteil ist so versteckt eingebaut, dass wir es nie zu Gesicht bekommen, es sei, wir suchen bzw. fühlen danach – die Stegplatte. Sie befindet sich exakt unterhalb der Decke, auf Höhe des Steges, und soll verhindern, dass die Ösen an den Saitenenden (Ballends) aufgrund des Saitenzuges durch die Decke hindurch gerissen werden. Wenn hier Schäden entstehen, dann still und heimlich im Verborgenen (siehe auch 4. Sattel – Stegeinlage – Steg).
Da die Bridgeplate aus Sperrholz oder anderem, harten Holz besteht, hält sie sich meist sehr lange. Unangenehm werden kann es, wenn die Gitarre bereits unzählige Saitenwechsel erlebt und auch die Platte gelitten hat. Im schlimmsten Fall reißen die Ball-Ends durch die Bridgeplate (siehe Worauf soll ich achten/ 3. Sattel – Stegeinlage – Steg). Bevor das geschieht, muss die Bridgeplate repariert werden.
Auf dem linken Foto ziehen sich die Saiten bereits durch die Steglöcher. Rechts sieht man, dass lange Späne herausgerissen sind. Das geschieht höchstwahrscheinlich schon bei der Fertigung, wenn die Steglöcher mit zuviel Druck bzw. zu schnell gebohrt werden. So ganz nebenbei – diese Bridgeplate gehört zu der Gitarre eines großen Herstellers, der einen fast schon legendären Ruf genießt. Ungeachtet dessen sind die Löcher ungleich versetzt und, hier nicht zu erkennen, schräg durch die Decke gebohrt.
Auch 12-Saitige sind auf die ordnungsgemäße Funktion der Bridgeplate angewiesen. Hier haben wir ein besonders beeindruckendes Exemplar, bei dem die langen Holzfasern bereits beim maschinellen Bohren, also schon während der Produktion, herausgerissen wurden. Den Rest erledigt die Zeit früher oder später.
Es scheint fast so, als wäre das Brettchen schon an anderer Stelle verbaut gewesen, vielleicht war’s mal früher die Unterkunft für einen Hamster…?
Da ein Entfernen der alten Bridgeplate, vor allem an dieser Stelle, alles andere als einfach ist (Leim erhitzen, ohne dass sich andere Teile ebenfalls lösen; Platte herausnehmen, neue anfertigen und wieder einsetzen), und das entsprechende Equipment voraussetzt, ist ein Verstärken die leichtere Variante.
Ich hatte noch ein kleines Brettchen aus laminiertem Mahagoni, das für die Reparatur in Frage kam. Sind die Steglöcher sauber in Reihe gebohrt, kann man die Abstände von oben, am oder durch den Steg, nehmen und die Platte vor dem Einsetzen bohren und bearbeiten. Weil es aber so krumm und schief aussah wie auf den Fotos oben, habe ich sie zuerst eingeklebt. Anschließend sucht man in den Steglöchern möglichst den Mittelpunkt, um danach die Löcher in die neue Bridgeplate zu bohren – und zwar so, dass hier nicht wieder Holzsfasern herausgerissen werden.
Zuerst habe ich klein vorgebohrt, mit einer Reibahle vorsichtig erweitert und dann noch kleine Nuten für die Saitenenden gefeilt. Je nachdem, wie sich die Ballends auf die Platte drücken, verdrehen sich manche Pins nach links oder rechts. Lassen wir sie mal …
Erfolg Untertage: am Ende sitzen alle Bridgepins sauber an ihrem Einsatzort. Jetzt kann’s Übertage weitergehen.