Früher, in grauer Vorzeit, ging es mir wie vielen Gitarrenbesitzern. Ich habe meine Gitarre(n) gespielt und ab und zu die Saiten gewechselt. Das war’s. Aufbewahrung, Pflege, Hölzer, Feuchtigkeit, Halskrümmung etc. waren Begriffe, die sich nicht mal in der Nähe meines Bewusstseins aufgehalten haben. Dann bekam eine Gitarre nach sehr langer `Standzeit´ einen sog. Trockenriss in der Decke. Nicht sehr groß, aber er nötigte mir einen Gang zum Gitarrendoktor ab. Meine 12-saitige ARIA aus den 80ern, Fichtendecke & Korpus aus Riegelahorn, war auch nicht ohne Blessuren davon gekommen. Sie war unheilbar verzogen – klang ohnehin nicht besonders – und der Gitarrendoktor weigerte sich, zu ihr überhaupt eine Äußerung abzugeben. Also widmete ich mich dem Thema „Gitarre“ deutlich intensiver als bisher.
Jahre später suchte ich für meinen Sohn eine akustische Gitarre, fand ein attraktives Exemplar in den Kleinanzeigen und wollte ihn damit überraschen. Die Beschreibung „kleine Gitarre mit großem Klang“ erwies sich im Nachhinein als geradezu verwegen! Die Gitarre war mehr als vernachlässigt, also erstmal gar nicht zu gebrauchen, aber ich wollte die vergleichsweise weite Strecke nicht vergebens gefahren sein und nahm sie mit. Der nächste Gang war der zu einem Händler, um sie wieder in einen spielfähigen Zustand bringen zu lassen. 30 Euro sowie eine Plastik-Stegeinlage und ein -sattel später war der Zustand der kleinen OM (Orchestra Model) nahezu unverändert und so fing alles an.
Aus einer Notwendigkeit wurde schließlich eine Tätigkeit mit persönlichem Anliegen. Gebrauchte, häufig ungepflegte und mitunter sträflich vernachlässigte, Westerngitarren werden von mir wiederaufbereitet und ich führe sie der ökologischen & ökonomischen, und vor allem musikalischen, Wiederverwertung zu.

Wachsende Ressourcenknappheit und strengere Artenschutzabkommen haben mein Augenmerk vor allem auf die sog. Ein- und Aufsteiger-Gitarren gelenkt. Nicht selten fristen sie ein unterbewertetes Dasein jenseits von Musikalität oder Begeisterung. Diese Instrumente waren tatsächlich einmal lebende Bäume, die möglicherweise mehr Zeit für ihr Wachstum brauchten, als ein Menschenleben andauert. Die Gedankenlosigkeit, mit der wir auf diesem Planeten alles ver- und aufbrauchen, was zufälligerweise unseren Lebensweg kreuzt, hat sie zu totem Material ohne Funktion werden lassen.
Getreu dem Motto „fordern & fördern“ fordere ich mich selbst, um wieder ein Maximum an Qualität zu Tage zu fördern. Die Wiedereingliederungs-Maßnahmen reichen von der Intensivpflege über sinnvolles Upgrading bis hin zu Reparaturen, die sich ohne den Einsatz großer Vorrichtungen und aufwendiger Werkzeuge durchführen lassen.
Die häufigsten Sünden sind ausgedörrtes Holz, eingerissene und von Seitenschneidern oder Klempnerzangen zerhackte Stege, malträtierte Sättel und Stegeinlagen, schnarrende oder eingespielte Bünde, zerschundene Lackoberflächen, Lackschäden, Lack- und Trockenrisse, bis in die Poren verdreckte Griffbretter – und natürlich Saiten aus dem letzten Jahrhundert.

Dazu kommt mangelhafte bis nicht vorhandene Pflege. Manche Griffbretter spotten jeder Beschreibung – hier eines mit `Dauerschmierung´.
Ich habe auch schon tote Spinnen und regelrechte Staubstränge aus Gitarren `rausgesaugt. Ich verhelfe also mehr oder weniger `verdrahteten Holzkisten´ wieder zu einem fröhlichen und erfüllten Leben als Instrument und versuche, das Optimale an Bespielbarkeit und Klang herauszuholen. Anschließend gebe ich die wieder erwachten Klangkörper an Interessenten weiter. Hinzu kommen Auftragsarbeiten, um die man mich ersucht.
Dabei gebe ich mir viel Mühe. Das braucht Zeit und die An-Sammlung von Gitarren wird ständig größer, darunter das eine oder andere `Pflegekind´. Der Vorteil: ich habe verschiedene Marken und Modelle in der Hand, kann mir selbst ein Bild vom Instrument machen und muss nicht albernen Gerüchten und Parolen glauben. Der Nachteil: die ganzen Werkzeuge, Materialien, Pflegemittel & Saiten und was sonst noch, verschlingen Geld und ich versuche, wenigstens die Kosten zu decken, siehe Zeug!. Der eine oder andere Kauf hat mich in der Anfangszeit auch unnötig Geld gekostet, aber das gehört in die Abteilung `Lehrgeld´.
Eines habe ich dabei festgestellt: 1. Ebay macht süchtig! 2. Beim Kauf bzw. Ersteigern muss man sehr genau hinsehen, sofern die beigefügten Fotos das überhaupt zulassen. Optimistische Attribute wie „…gut erhalten...“, „…übliche Gebrauchsspuren…“ oder „…Rarität…“ sind sehr dehnbare Begriffe und nicht selten leere Worte. Nicht wenige Anbieter wollen ihren Krempel einfach nur loswerden, haben mehr als unrealistische Preisvorstellungen für ihre `runtergewirtschafteten Geräte oder leiden schlicht unter Realitätsflucht. Auch vor Geschwätz ist man nie sicher, vor allem, wenn es um die vermeintlich qualitativ höchstwertigen Japan-Super-Produktionen der 70er & 80er Jahre geht: je weniger Wissen über die Materie, desto mehr wird d’rauflos geredet.
Beispiel gefällig?
„…Alles was damals aus Fernost kam, war bekannt für die super Qualität. Sie sind mit den heutigen Gitarren nicht mehr vergleichbar. Sie klingt einfach phänomenal, wenn ich das mal so sagen darf. Bekommt man heute so nicht mehr geboten!…“
„…Die Hölzerauswahl war damals absolut kompromisslos! Hier wurde nur verbaut, was einer bestimmten Maserungsrichtung und Qualität entsprach, und nicht wie heute einfach nur wahllos verleimt wird!…“
Woher auch immer manche Menschen ihre Weisheiten beziehen, mit dem Quell des Wissens hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun – wohl aber mit gezieltem Unfug! Und durch flammende Kommentare wird eine Gitarre nicht besser. Die Auswahl der Hölzer z. B. spielt im Land der aufgehenden Sonne heute eine deutlich größere Rolle, als in seiner Aufbruchszeit. Das liegt nicht zuletzt an dem viel größeren Konkurrenzdruck, da sich die Zahl der Hersteller seit damals vervielfacht hat. Vor allem die 90er Jahre haben mit ihrer Welle von Grunge, Alternative-Rock und -country und einem neuen Folk- und Singer/Songwriter-Boom zu einer enormen Nachfrage geführt.
Mir geht es um andere Dinge. Ich steigere den Wert einer Gitarre oder stelle ihn wieder her, und am Ende zählt nur das Ergebnis. Der Zustand einiger Gitarren nach der Überarbeitung ist unter Vorher-Nachher zu sehen. Jede Gitarre, die ich bisher öffentlich angeboten habe, wurde von mir ausführlich, sachlich und exakt beschrieben. Darauf hat jeder Interessent, der für ein überarbeitetes Produkt Geld ausgibt, ein selbstverständliches Recht, ob gebraucht oder nicht!
Nebenbei: nachdem am 01.01.2017 das Artenschutzabkommen CITES-II in Kraft getreten ist, bekommt der Schutz der Ressourcen auch beim Bau und Verkauf von Instrumenten endlich eine größere Bedeutung. Nach jahrelangem, willkürlichen Holzeinschlag werden die ‚großen‘ Gitarrenbauer wohl auf andere Holzarten ausweichen, weil die geschützten Arten wie Palisander oder Bubinga teurer werden und vielleicht …vielleicht … führt das auch dazu, dass die riesige Zahl von Ramsch- und Billiggitarren, die mit entsprechendem Holzverbrauch jeden Tag die Werke verlassen, abnimmt.
Vielleicht … wir werden sehen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und das Interesse!
Stimmt so …
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