6. Tonabnehmer & Mechaniken

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Tonabnehmer und Mechaniken

Wie bei allen Produkten lassen sich auch hier wertige Einbauteile finden und nachrüsten kann man einen TA bei vielen Gitarrenmodellen. Allerdings bin ich der Meinung, dass auch in diesem Fall der Zeitgeist und weniger die Vernunft zu einer regelrechten TA-Hysterie geführt hat. Der Gedanke, man könnte doch auch vielleicht mal irgendwann selbst auf einer Bühne stehen (und dafür müsste die Gitarre selbstverständlich verstärkt werden können), hat dazu geführt, dass vor allem jüngere Kunden auf Ausstattungsmerkmale Wert legten, die nicht zwangsweise für den Klang der Gitarre von Vorteil sind, auf die sich die Hersteller aber schnell eingestellt hatten – der Tonabnehmer und der Cutaway.

Vor 20 Jahren eher die Ausnahme, bilden Gitarren mit diesen Merkmalen mittlerweile einen erheblichen, wenn nicht den größten Anteil in der Consumer-Klasse. Grundsätzlich verkleinert ein Cutaway den Rauminhalt im Korpus und damit die schwingungsfähige Luftsäule. Eine solche Gitarre klingt vom Prinzip her immer dünner als eine mit Vollkorpus. Im Alltagsbetrieb wird sich das aber kaum bemerkbar machen, zumal jede Menge Gitarren mit unterschiedlichen Korpusformen und -größen unterwegs sind.

Musiker wie Django Reinhard spielten mit einem Cutaway, weil sie immer wieder in die hohen Lagen solierten. Ob ein Cutaway für die eigene Spielfähigkeit und -fertigkeit unverzichtbar ist, muss jeder selbst entscheiden. Ich gebe aber zu, dass ein Cutaway auch in meinen Augen einer Gitarre mehr Form verleiht und sie optisch attraktiver und interessanter macht. Nehme ich mal wieder meine alte TAMA zur Hand, scheint im ersten Moment irgend ‚was zu fehlen …

Tonabnehmer waren früher nur für Leute interessant, die tatsächlich live spielten. Ich erinnere mich gut daran, wie `es´ klang, als die ersten Akustikgitarren-Generationen nicht mehr (wie bei Crosby, Stills, Nash & Young, America etc.) über Mikrofone abgenommen, sondern elektrisch verstärkt wurden. Live-technisch ein Quantensprung – klangtechnisch eine Plastiksound-Katastrophe! In den Anfangsjahren sah man (bzw. ich) auf den Bühnen der Welt vor allem die Modelle eines Herstellers, der als Erster Gitarren mit einem Fiberglas-Korpus baute und mit einem speziellen TA-System austattete – dem „Piezo„-Tonabnehmer. Jahrzehntelang war Kaman – eigentlich ein HighTech-Unternehmen v.a. im Helicopter-Bau – mit der Marke Ovation™ der einzige ernstzunehmende Hersteller von TA-Sytemen, die aufgrund ihrer Feedback-Unempfindlichkeit für Live-Auftritte wirklich geeignet waren.

Ich persönlich mochte diesen Klang schon damals nicht, und heute stößt er bei mir auf ebenso wenig Gegenliebe. Und da bin ich nicht der Einzige. Der Grund für diese Abneigung ist einfach – es klingt sch….recklich unnatürlich! Der oder das „Piezo“ wurde bereits in verschiedenen Hochtönern von Lautsprechern eingesetzt und war bekannt für hohe Pegel und Belastbarkeit, aber auch für jede Menge Verzerrungen. Das liegt schlicht und einfach daran, dass ein „Piezo“ ein Kristall ist. Bei Druck auf seine Oberfläche erzeugt er eine elektrische Spannung, die, von der Gitarre zum Verstärker geleitet, dann als … na sagen wir mal … so etwas wie Ton hörbar gemacht wird. Leider hat es – für meine Begriffe – mit dem tatsächlichen akustischen Tonspektrum einer Gitarre nicht viel gemeinsam, zumindest hör- und gefühlstechnisch!

Die Schwingungen der Saiten und der Decke müssen irgendwo abgenommen werden. Das geschieht mit den Schwingungs-, genau genommen Druckaufnehmern, direkt unter der Stegeinlage, die somit von dem Holzsteg entkoppelt wird. Zwischen Stegeinlage und Steg liegt nun eine weitere Schicht – der Piezo – und über ihn müssen die Schwingungen von Decke und Saiten weitergeleitet werden. Das, was wir von der Gitarre hören, ist eine Mischung aus Saiten- und Deckenschwingungen, die sich gegenseitig beeinflussen und über die Luft zu unserem Ohr gelangen. Über einen schlichten Piezo abgenommen, klingt’s in meinen Ohren nach … Plastik!

Inzwischen gibt es qualitativ hochwertige TAs für Akustikgitarren, und manche Hersteller kombinieren die Piezos mit Magnet-TAs wie z. B. der Nanomag & Nanoflex™ von Shadow Electronics©, oder kleinen Mikrophonen, die mitunter direkt auf der Onboarde-ektronic untergebracht sind. Die meisten Gitarren haben einen eingebauten Preamp, also Vorverstärker, der das dünne elektrische Signal des TA gebrauchsfertig an den Verstärker liefert. Die dafür nötige 9-Volt-Batterie ist in einem Fach in der Elektronic oder einer kleinen Tasche untergebracht. Einfachere, passive TAs müssen auf dem Weg dahin erst noch extern verstärkt werden. Im Gegensatz zu den größeren Geschwistern verfügen sie i. d. R. auch nicht über eine Klangregelung oder ein integriertes Stimmgerät.

Die Frage ist also mal wieder diese – brauch‘ ich das?

Egal, ob bereits eingebaut oder nachgerüstet, ein wirklich guter TA kostet! Das geht bei günstigen Gitarren logischerweise auf Kosten der Qualität. Bei den billigen Gitarren ist dann alles … eben billig. Die in der Consumer-Klasse gängigsten, qualitativ akzeptablen, TA-Hersteller sind z. B. Shadow, Fishman, B-Band und B.R.Baggs. Einige Hersteller lassen sich die TA’s speziell für ihre Gitarrenserien anfertigen, andere lassen sie mit ihrem Namen bzw. Logo versehen, wieder andere bauen sie ein, wie sie sind.

Für die Nachrüstung vieler TA’s muss eine entsprechende Öffnung in die Zarge geschnitten und ein Loch für die Klinkenbuchse gebohrt werden. Mitunter gehört ein sog. Terminal zur Ausstattung, das alternativ noch einen XLR-Anschluss enthält und ebenfalls in die Zarge eingesetzt wird. Eventuell sind auch Lötarbeiten fällig. Für handwerklich Erfahrene ist das zu bewältigen – wird der Einbau sorgfältig und sauber vorgenommen, sieht man keine Spuren. Wenn nicht, wackelt das Teil, man sieht hässliche Holzränder, im schlimmsten Fall bricht er wieder heraus, weil die Schraubenlöcher direkt in die Holzkante gebohrt wurden und keinen ausreichenden Halt finden.

Einige TA’s, wie der oben abgebildete L.R.Baggs Element©, verbergen das Verstärkerelement in der Endpinbuchse. Dann gibt es noch die sog. Transducer; das sind Schwingungsaufnehmer, die innen oder außen auf die Decke geklebt werden und deren Schwingungen in elektrische Impulse umwandeln, und bauartbedingt nur ein schwaches Ausgangssignal zur verfügung stellen.

Dean Markley

Eine Alternative zu einem fest verbauten TA ist ein Schalloch-TA (siehe oben), der wie ein Magnettonabnehmer bei einer E-Gitarre funktioniert und in das Schalloch gesetzt wird. Wer keine Lust hat, ihn immer wieder ‚raus- und reinzuklemmen, kann sich eine dauerhaft installierte Endbuchse in die untere Zarge montieren (lassen). Der Vorteil – jederzeit kann ein qualitativ besserer TA eingesetzt werden, und die Stegeinlage behält den Kontakt zum Holz. Nachteil: die Möglichkeiten, Einfluss auf den Klang zu nehmen, sind deutlich eingeschränkt, oder gar nicht vorhanden.

Alle Arten von Tonabnehmern sind in den unterschiedlichsten Preisklassen verfügbar, je nach den persönlichen Ansprüchen und Vorlieben. Die für’s Schalloch aber sollten in jedem Fall vor Ort in der eigenen Gitarre getestet werden.

Im Land hinter der großen Mauer werden einige Fabrikate schon längst kopiert und im Internet zu Spottpreisen angeboten. Billig-TA’s weniger bekannter Hersteller sind auch verfügbar. Hier rate ich zu äußerster Vorsicht! Irgendwie müssen diese Dumpingpreise ja zustande kommen…

Bei rein akustischen Auftritten, bei denen es auf authentische Klangwiedergabe ankommt, würde ich nach Möglichkeit ein Mikrophon oder einen guten Schalloch-TA einsetzen. Für das Wohnzimmer ist ein TA unnötig – es sei, Mann bzw. Frau will mit verschiedenen Effekten spielen oder experimentieren, aber dann braucht’s ohnehin noch einen guten akustischen Verstärker.  Ansonsten würde ich mich eher am Klang der Gitarre berauschen, als an dem Wissen, ich könnte verstärkt auf einer Bühne spielen, wenn ich denn mal Gelegenheit dazu hätte …

Und zum Schluss nicht vergessen …

… die Mechaniken. Sind sie leichtgängig, ruckeln oder hängen sie, machen sie Geräusche, sind eine oder mehrere Wellen verbogen? Mittlerweile sind sog. „die cast„-Mechaniken (die cast = Druckguss) der Standard. Das sind gekapselte Mechanikgehäuse, bei denen Schneckenwelle und Zahnrad in einer Ölfüllung oder wenigstens einer Dauerschmierung laufen, mit einem Übersetzungsverhältnis von i. d. R. 12 – 14:1. Gute bis sehr gute die-cast’s haben eine große Übersetzung von 16:1, 18:1 oder höher. Das bedeutet, man muss die Wirbel öfter drehen, bis sich die Welle entsprechend mitbewegt. Der Vorteil ist ein nuancierteres und präziseres Stimmen der Töne, und die Saite wird behutsamer gedehnt.

Die-cast’s gibt’s natürlich auch in allen möglichen Qualitäts- und Preisklassen. Wer seine Gitarre aufrüsten möchte, findet genügend hochwertiges „Spielzeug“. Immer häufiger werden, v.a. hochwertigere, Gitarren mit vergoldeten Mechaniken ausgestattet. Das sieht recht edel aus, hat aber einen nicht zu unterschätzenden Nachteil. Die Oberfläche der Gehäuse ist nur goldbedampft, dementsprechen dünn ist der Auftrag. Man muss verflucht aufpassen beim Polieren und Reinigen angelaufener Gold-Mechaniken, damit die Goldschicht erhalten bleibt.

Vergoldete Mechaniken, die regelmäßig und über die Jahre in Gebrauch sind, verlieren nach und nach die Vergoldung, was dann nicht mehr ganz so edel aussieht …

Eine clevere Besonderheit sind die sog. Locking-Mechaniken (Bild 4). Unter dem Gehäuse sitzt eine Art Rändelmutter, deren langer Stift bis ins innere Ende der Welle reicht. Durch Hineindrehen lässt sich das Saitenende in der Wellenöffnung festklemmen und man kann auf die üblichen Wicklungen um die Welle verzichten.

Wie immer gibt es inzwischen auch hier günstige Klone der teuren Originale. Im Reich der Mitte werden ohnehin jede Menge Mechaniken zu Spottpreisen produziert und auf den Auktionsplattformen angeboten. Aber Vorsicht vor der Billigware! Ein kompletter Satz `vergoldeter´ Vintage-Mechaniken für unter 20€ wird vielleicht auf einer sporadisch bespielten Wohnzimmergitarre seinen Dienst verrichten, aber semi-professionellen Anforderungen nicht unbedingt gewachsen sein. Die inneren Bauteile sind meistens sehr unpräzise gefertigt, ruckeln, hackeln, sind schwergängig, und die Mechanik `rutscht´ beim Stimmen durch. Sie verschleißen unter Umständen recht schnell, und damit wird erneut ein Ersatz fällig.

Mechaniken müssen auch nicht unbedingt alt und abgenutzt sein, wie ich bei einer kaum bespielten, neuwertigen Cort NDX feststellen durfte. Nach kompletter Fertigstellung und mehrfachem, problemlosem Stimmen und Ausprobieren ließ sich die tiefe E-Saite nicht mehr stimmen, weil sich fortan die kleine Schraube löste, sobald man nach links drehte – und das natürlich bei einer Vorführung. Da sich die originalen Ebonite-Knöpfe zersetzten, hatte ich andere montiert. Damit begann der Ärger und die Fehlersuche. Am Ende musste ich neue bestellen.

Apropos billig …

Mechaniken lassen sich optisch aufwerten, indem man die verchromten Mechanikknöpfe gegen andere aus speziellen und/oder farbigen Materialien austauscht. Der Phantasie sind von Holz bis zu Abalone theoretisch keine Grenzen gesetzt, wenn man die findet, die man sucht und die auch tatsächlich passen. Häufig bestehen Mechanikknöpfe auch aus Kunstoffen, was sie schön leicht macht. Manche dieser Materialien aber sind aus einem Kunstoffmaterial, dass sich – man soll’s nicht glauben – im Lauf der Zeit zersetzt. Die Folge: klebrige, oberflächlich weiche Knöpfe, klebrige Finger und einige Ferkelei!

Findet man so etwas Ähnliches beim Gebrauchtkauf, hat der/die BesitzerIn die Gitarre anscheinend läger nicht in der Hand gehabt. Ist ärgerlich, weil man dann erstmal Ersatz finden muss, anstatt nach Hause zu fahren mit ungetrübter Vor- und anschließender Spielfreude. Muss kein Beinbruch sein, gibt aber auf jeden Fall Punktabzüge in der B-Note!

Bei älteren und/oder schlichten Gitarren sieht man häufig „semi-closed„-Mechaniken, eigentlich ein Fake. Über einfache, offene Mechaniken wird ein Deckel gestülpt, damit’s nicht so billig wirkt und sie nicht versyphen. Vor allem bei älteren Gitarren ist das ein Hinweis auf schlichtere Qualität. Nach meiner Erfahrung kann man das durchaus in der Rubrik `Punkteabzug´ verbuchen.

Das eine oder andere wird man bei einer preiswerten Gitarre in Kauf nehmen müssen. Für sie wird ein logischerweise geringerer Aufwand betrieben als bei teuren Modellen. Eines sollte also in jedem Fall klar sein. Eine sorgfältig in Handarbeit gebaute Gitarre mit hochwertiger Hardware, übersäht mit Perlmutt-Einlagen und ausgesuchten, massiven Hölzern, incl. integriertem Tonabnehmer mit Stimmgerät plus handgearbeitetem Koffer gibt’s erst ab einer bestimmten Preisklasse. Aber auch darunter lassen sich eine Menge qualitativ guter & bezahlbarer Instrumente finden!

Stimmt so …